Stummfilme versetzen uns in eine eigene, flimmernde Welt: die Welt des ersten Films mit Bildern in schwarz-weiß und Schauspielern mit großer Gestik und starker Mimik, aber eben noch stumm. Ihre Kameraeinstellungen fassen das, was damals Künstler und Publikum faszinierte - Technik, Architektur, den Menschen in all seiner Vielfalt. Sie zeigten Komik und Realität. Sie dokumentierten Zeitgeschehen und schrieben blühende Geschichten. Was ist es also, was uns, die technik- und effektverwöhnten Kinogänger, am Stummfilm begeistert? Zusammen mit Murat Parlak, der mit seiner Fantasie und seinem musikalischen Einfühlungsvermögen den Dokumentarfilm „Berlin - die Symphonie einer Großstadt“ von Walter Ruttmann aus dem Jahr 1927 am Flügel in einer neuen Komposition vertonte, erlebten die Gäste des Stadtstadels in fünf Kapiteln das städtische Leben im Berlin der 20iger Jahre - eine spannende Reise in die Zeit unserer Großeltern, für manche sogar der Urgroßeltern. Gleichermaßen zeigt der Film die Vielfalt der Metropole über alle gesellschaftlichen Ebenen, deren Berufe, die Armut und den Reichtum der Stadt. Mit interessanter Schnittweise, schnellen Bild- und Szenewechseln wird aus einem Dokumentarfilm ein spannender Tagesausflug, der frühmorgens mit der täglichen Pflicht beginnt und mit dem nächtlichen Treiben der glitzernden Stadt endet. Auge und Gehör waren höchst gefordert, insbesondere beim Pianisten und Komponisten Murat Parlak, dessen Komposition nur ein Post-it Blatt füllte als Grundlage für 90 Minuten „großes Kino“.
Fotograf*in: Bernhard Simon